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MEDIEN & News ARCHIV

ESTV-Antwort zum neuen Mehrwertsteuergesetz

14.04.2025 00:04

Die Antwort der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV zum neuen Mehrwertsteuergesetz

Wie Ende März kommuniziert, empfehlen wir den Reisebüros die MWST weiterhin freiwillig abzurechnen.
Woraufhin wir von Yves Bruttin kritisiert wurden, dass unsere Aussagen nicht stimmen.


Darauf hin haben wir die ESTV um eine Stellungsnahme gebeten und sie haben die Korrektheit unserer Aussagen bestätigt und führen diese unten detailliert aus. Die für uns wichtigsten Aussagen haben wir grün markiert.


 

Inhaltsverzeichnis

Auszug aus der schriftlichen Stellungsnahme vom 11.04.2024 von der ESTV:

Einleitung

MWSTG = Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (SR 641.20)
MWSTV = Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (SR 641.201)
MI 04 = MWST-Info 04 Steuerobjekt; webbasierte Publikation
MI 09 = MWST-Info 09 Vorsteuerabzug und Vorsteuerkorrekturen; webbasierte Publikation
MI 10 = MWST-Info 10 Nutzungsänderungen; webbasierte Publikation
MI 16 = MWST-Info 16 Buchführung und Rechnungsstellung; webbasierte Publikation
MBI 12 = MWST-Brancheninfo 12 Reisebüros sowie Kur- und Verkehrsvereine; webbasierte Publikation
Publikationen abrufbar auf www.estv.admin.ch unter 'Mehrwertsteuer' / 'MWST-Praxispublikationen'


Wir beziehen uns auf Ihre Anfrage vom 2. April 2025 sowie das ergänzende Telefongespräch vom 7. April 2025 und informieren Sie gerne wie folgt:
 
Sie führen aus, dass der Verband Swiss Travel Association of Retailers (fortan: STAR) seine Mitglieder mit einem Newsletter (entsprechendes PDF-Dokument liegt uns vor) sowie in einem Artikel in der Fachzeitschrift Travel Inside (about travel), vgl. https://abouttravel.ch/reisebranche/dies-empfiehlt-star-den-reisebueros-bezueglich-mehrwertsteuer/, über die MWST-Änderungen per 1. Januar 2025 informiert hat. In einem Leserbeitrag (vgl. https://abouttravel.ch/reisebranche/feedback-hier-irrt-star/) von Herrn Bruttin (MWST-Verantwortlicher beim Schweizerischen Reisebüroverband) wird vorgebracht, dass einige Informationen fehlerhaft seien. Sie ersuchen uns um Prüfung des Newsletters/Beitrages in der Fachzeitschrift und der Einwände von Herrn Bruttin.
 
Darüber hinaus bitten Sie um Beantwortung der nachfolgenden Fragen im Zusammenhang mit dem freiwilligen Eintrag im MWST-Register:

Frage 1: «Ein Reisebüro rechnet die MWST freiwillig ab. Bei der MWST-Abrechnung wird der Reiseumsatz Inland wie verlangt mit den Steueransätzen angegeben. Der Reiseumsatz Ausland wird unter «Ausland» in Abzug gebracht. Die Vorsteuer auf den Inlandleistungen können in Abzug gebracht werden und die Vorsteuer des Betriebsaufwands können auch geltend gemacht werden. Stimmt dies so?»
 
Frage 2: «Wie kann es zu Kürzungen bei der Vorsteuer kommen?»
 
Frage 3: «Ist eine Nebenleistung zu einer Reiseleistung Ausland MWST-pflichtig? Beispiel: Reiseleistung ins Ausland mit einer Nebenleistung für eine Übernachtung im Hotel am Flughafen Zürich. Ist das Hotel (Inland) MWST-pflichtig?»
 
Frage 4: «Gilt die 70%/30%-Regel immer noch?»

  

Anlässlich des Telefongesprächs vom 7. April 2025 haben Sie noch angegeben, dass bei der STAR lediglich Reisebüros mit Sitz in der Schweiz Mitglied sind, welche meistens im Bereich Outgoing-Tourismus tätig seien. Ausserdem programmiere STAR auch Softwareanwendungen für Reisebüros.
 
Vorab ist festzuhalten, dass zwischen einem freiwilligen Eintrag im MWST-Register (Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht, Art. 11 Abs. 1 MWSTG) und der freiwilligen Versteuerung einer Leistung (Art. 22 Abs. 1 MWSTG) sowie der Überwälzung der Steuer (z.B. «inkl. 3.8% MWST») unterschieden werden muss (vgl. nachfolgend). Ihre Angaben im zugestellten Merkblatt und im Beitrag in der erwähnten Fachzeitschrift sind nicht inkorrekt, aber sehr gedrängt, was insbesondere, wie vorangeführt, die Unterscheidung zwischen dem freiwilligen Eintrag im MWST-Register und der freiwilligen Versteuerung von steuerausgenommenen Leistungen anbelangt. Ihre Empfehlungen sind im Übrigen mit dem MWSTG vereinbar.
 
Wir erlauben uns, in der vorliegenden Antwort vorerst die Informationen in allgemeiner Weise wiederzugeben, bevor wir diese anhand eines praktischen Beispiels für Ihre Mitglieder näher erläutern und auf Ihre gestellten Fragen 1 - 4 eingehen sowie auf die Beurteilungen von Herrn Bruttin.
 
In diesem Zusammenhang möchten wir jedoch bereits anmerken, dass angesichts der Vielfalt von Leistungen nicht sämtliche Einzelheiten in der vorliegenden Auskunft abgehandelt werden können.
 

Grundsätzliches

Anspruch auf eine MWST-konforme Rechnung
Betreffend die Mehrwertsteuer benötigt lediglich ein steuerpflichtiger Leistungsempfänger einen MWST-konformen Beleg (vgl. Art. 26 MWSTG und vgl. Ziff. 2 der MI 16). Die Überwälzung der Mehrwertsteuer richtet sich dabei nach den privatrechtlichen Vereinbarungen (Art. 6 Abs. 1 MWSTG). Das heisst unter anderem, dass die privatrechtlichen Vereinbarungen der Reisebüros mit ihren Kunden Grundlage für die Steuerüberwälzung (offen, verdeckt oder nicht) bilden und für die Regelung von Streitigkeiten Zivilgerichte zuständig sind (vgl. Art. 6 Abs. 2 MWSTG). Ist ein Reisebüro nicht im MWST-Register eingetragen, darf es keine Steuer auf der Rechnung ausweisen (vgl. Art. 27 Abs. 1 MWSTG).

Steuerausnahme nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 31 MWSTG
Nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 31 MWSTG sind die durch Reisebüros weiterverkauften Reiseleistungen und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen der Reisebüros seit dem 1. Januar 2025 von der Mehrwertsteuer ausgenommen.
Unter einem Reisebüro werden Unternehmen verstanden, welche Reiseleistungen einkaufen und diese nach aussen hin im eigenen Namen anbieten und erbringen (vgl. Ziff. 1.3 der MBI 12). Typischerweise sind dies Touroperators (Reiseveranstalter) oder Retailers (Wiederverkäufer der von Touroperators zusammengestellten Reisen).
Für die Begriffe Reiseleistungen und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen und weiterverkaufte Leistungen verweisen wir auf Ziff. 1.1 ff. der MBI 12.

Weitere Leistungen von Reisebüros (vgl. Ziff. 3 der MBI 12)
Leistungen, welche die Voraussetzungen gemäss nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 31 MWSTG nicht erfüllen, sind nach den allgemeinen Grundsätzen der MWST zu beurteilen. Dazu sind die entsprechenden MWST-Infos resp. MWST-Branchen-Infos, namentlich die Nr. 12, zu beachten.

Versicherungsschutz für Reisende im Besonderen (vgl. Ziff. 3.2 der MBI 12)
Bietet das Reisebüro anlässlich des Verkaufs einer Reise seinem Kunden auch eine Versicherung an (z. B. Annullierungskosten-, Reisezwischenfall-, Reisegepäck-, Vollkasko- oder Assistanceversicherung), ist das Entgelt nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 Bst. a oder d MWSTG von der Steuer ausgenommen, sofern:

- Das Reisebüro den Versicherungsschutz im eigenen Namen (für eigene oder fremde Rechnung) anbietet (Bst. a: Versicherungsprämie); oder
das Reisebüro den Versicherungsschutz als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler anbietet (Bst. d: Vermittlungsprovision).
Eine freiwillige Versteuerung (Option) dieser Leistungen ist aufgrund der Bestimmung von Art. 22 Abs. 2 Bst. a MWSTG nicht möglich. Unabhängig davon, ob diese Leistungen im In- oder Ausland erbracht werden, ist auf den Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erzielung solcher Versicherungsleistungen eine Vorsteuerkorrektur infolge gemischter Verwendung vorzunehmen.
Erhält das steuerpflichtige Reisebüro vom Versicherer Entschädigungen, ohne dass ein Vertragsverhältnis als Versicherungsvertreter besteht, handelt es sich mehrwertsteuerrechtlich um das Entgelt für eine Dienstleistung im Sinne des Überlassens von Informationen bzw. Zuführen von Kunden (finder’s fees). Solche Dienstleistungen sind grundsätzlich steuerbar. Sie gelten als an dem Ort erbracht, an dem der Leistungsempfänger (Versicherungsgesellschaft) seinen Geschäftssitz hat. 

Vorsteuerabzug/Option bei Abrechnung der MWST nach effektiver Methode
Kein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht bei Leistungen und bei der Einfuhr von Gegenständen, die für die Erbringung von Leistungen, die von der Steuer ausgenommen sind und für deren Versteuerung nicht optiert wurde, verwendet werden (Art. 29 Abs.1 MWSTG). Der Vorsteuerabzug für von Reisebüros weiterverkauften Reiseleistungen und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen der Reisebüros ist dessen ungeachtet möglich, sofern sie im Ausland bewirkt oder genutzt werden (Art. 29 Abs. 1ter MWSTG). 
Um Vorsteuerkorrekturen infolge gemischter Verwendung (soweit möglich) zu vermeiden, kann die steuerpflichtige Person durch offenen Ausweis der Steuer in der Rechnung (z.B. «inkl. 8.1% MWST») oder auch erst durch Deklaration in der MWST-Abrechnung unter den Ziff. 200 und 205 (kumulativ) die meisten von der Steuer ausgenommenen Leistungen im Inland freiwillig versteuern (Option, Art. 22 Abs. 1 MWSTG).
Nach Art. 22 Abs. 2 MWSTG ist die Option bspw. ausgeschlossen für Leistungen nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 MWSTG im Versicherungsbereich (vgl. für weitere nicht freiwillig versteuerbare Leistungen Ziff. 7.1 der MBI 12):
Für den Vorsteuerabzug und die nötigen Korrekturen bei gemischter Verwendung verweisen wir auf Art. 30 MWSTG und Ziff. 3 ff., Teil II der MI 09, sowie das Beispiel unter dem Abschnitt «Variante III: […]».

Vorsteuerabzug/Option bei Abrechnung der MWST nach Saldosteuersatz-Methode
Im entsprechenden Saldosteuersatz ist die branchenübliche Vorsteuerquote (ohne Bezugsteuer nach Art. 45 MWSTG) inbegriffen, womit kein (zusätzlicher) Abzug möglich ist (vgl. Art. 37 Abs. 2 MWSTG). Eine freiwillige Versteuerung von von der Mehrwertsteuer ausgenommenen Leistungen (z.B. Reiseleistungen) ist bei Abrechnung mittels Saldosteuersätzen ist nicht möglich (vgl. Art. 77 Abs. 3 MWSTV e contrario).

Löschung aus dem MWST-Register
Reisebüros können für die Prüfung ihrer Steuerpflicht ab 1. Januar 2025 auf ihre Umsatzzahlen des Jahres 2024 – unter Anwendung der ab 1. Januar 2025 geltenden Steuerausnahme nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 31 MWSTG – abstellen. Stellt ein Reisebüro fest, dass es so aus nicht von der Steuer ausgenommenen Umsätzen im Jahr 2024 weniger als CHF 100'000 erwirtschaftet hat, kann es sich rückwirkend per 1. Januar 2025 als Steuerpflichtiger abmelden (vgl. Art. 113 Abs. 1 MWSTG analog). Die Abmeldung erfolgt nur dann rechtzeitig, wenn diese der ESTV bis Ende Mai 2025 eingereicht wird (einmalige Verlängerung der Abmeldefrist für die Reisebürobranche aufgrund Rechtsänderung/Praxisfestlegung). 

Unternehmensabgabe Radio und TV
Diese Abgabe muss von sämtlichen Unternehmen mit Sitz in der Schweiz (ohne einfache Gesellschaften) und einem Umsatz von mindestens CHF 500’000, welche im MWST-Register eingetragen sind, geleistet werden. Der massgebende Umsatz stellt der in Ziff. 200 deklarierte Betrag dar (abzüglich Entgeltsminderungen). Somit ist bspw. auch der von der Steuer ausgenommene und nicht optierte Umsatz massgebend für die Berechnung. Zu den Tarifkategorien: https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/bundesabgaben/abgabe-radio-tv/uartv-tarifkategorien.html
Ist ein Reisebüro nicht im MWST-Register eingetragen, muss die erwähnte Abgabe nicht geleistet werden.

Praxisbeispiel

Das Reisebüro Sun Travel AG bietet hauptsächlich Pauschalreisen an, wofür sie die Leistungen bei Dritten (Hotels, Fluggesellschaften etc.) einkauft. Die Familie Crameri bucht bei der Sun Travel AG eine Pauschalreise (7 Übernachtungen mit Halbpension [CHF 1000] in Spanien inkl. Flug ab Zürich nach Barcelona und retour [CHF 1500]) sowie eine Hotelübernachtung in Kloten für CHF 250.00. Das Reisebüro kauft sämtliche Leistungen von Dritten ein, wobei nur auf der Beherbergungsleistung in der Schweiz die MWST (Inlandsteuer) von 3.8% anfällt. Beim Einkauf der Beherbergungsleistung in Barcelona inkl. Halbpension (Leistungsort im Ausland, vgl. Art. 8 Abs. 2 Bst. d & f MWSTG) und dem Flug (Leistungsort Ausland und Inlandanteil steuerbefreit; vgl. Art. 41 MWSTV) fällt keine MWST (Inlandsteuer) an.
 
Die eingekauften Beherbergungsleistungen inkl. Halbpension sowie die Flüge stellen beim erwähnten Reisebüro eine steuerausgenommene weiterverkaufte Reiseleistung dar (vgl. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 31 MWSTG und Ziff. 1 der MBI 12). Zu Ihrer Frage 3 weisen wir darauf hin, dass eine durch ein Reisebüro weiterkaufte Beherbergungsleistung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 31 MWSTG keine Neben-, sondern eine separate Hauptleistung darstellt (zum Ganzen: vgl. Ziff. 1.2.1 der MBI 12).
 
Variante I: Sun Travel AG ist nicht im MWST-Register eingetragen
Da keine Steuerpflicht und auch kein Eintrag im MWST-Register gegeben ist, ergeben sich keine Folgen. Ein Vorsteuerabzug i. Z. m. der Hotelübernachtung in Kloten ist nicht möglich. Mangels Eintrag im MWST-Register entfällt auch die Unternehmensabgabe für Radio und TV.
Bezieht das Reisebüro allerdings der Bezugsteuer unterliegende Leistungen aus dem Ausland für mehr als CHF 10'000 pro Jahr, muss das Reisebüro die Bezugsteuer gegenüber der ESTV abrechnen (vgl. Art. 45 MWSTG und Ziff. 9 der MBI 12).

Variante II: Sun Travel AG ist im MWST-Register eingetragen, Abrechnung mit Saldosteuersatz
Da keine Möglichkeit für eine freiwillige Versteuerung (Option) besteht, ist keine MWST auf den erwähnten Umsätzen abzurechnen. Der Umsatz wird jedoch in die Bemessungsgrundlage für die Unternehmensabgabe für Radio und TV miteinbezogen.
Bezieht das Reisebüro allerdings der Bezugsteuer unterliegende Leistungen aus dem Ausland, ist die Bezugsteuer abzurechnen (vgl. Art. 45 MWSTG, Art. 91 MWSTV und Ziff. 9 der MBI 12).

Variante III: Sun Travel AG ist im MWST-Register eingetragen, Abrechnung nach effektiver Methode, keine freiwillige Versteuerung
Da keine (teilweise) freiwillige Versteuerung erfolgt, wird keine MWST auf den von der Mehrwertsteuer ausgenommenen Umsätzen abgerechnet. Diese werden jedoch in die Bemessungsgrundlage für die Unternehmensabgabe für Radio und TV miteinbezogen.
Aufgrund von Art. 29 Abs. 1 MWST ist mangels Versteuerung des Verkaufs der Vorsteuerabzug auf der eingekauften Hotelübernachtung in Zürich ausgeschlossen, wäre jedoch nach Massgabe von Art. 29 Abs. 1ter MWSTG grundsätzlich möglich für Aufwendungen betreffend die sieben Übernachtungen mit Halbpension [CHF 1000] in Spanien und den Flug ab Zürich nach Barcelona und retour [CHF 1500]. Im vorliegenden Ausgangsbeispiel fallen jedoch keine dem Flug und den Übernachtungen mit Halbpension direkt zuordenbaren Vorsteuern (Topf A; vgl. nachfolgend) an, da die Leistungen nach Schweizer Mehrwertsteuerrecht im Ausland erbracht werden oder von der Schweizer Mehrwertsteuer befreit sind.
Auf den gemischt verwendeten, vorsteuerbelasteten Aufwendungen (z.B. Verwaltungsinfrastruktur) ist der Vorsteuerabzug nur innerhalb der unternehmerischen, zum Vorsteuerabzug berechtigenden Tätigkeit erlaubt (vgl. Art. 30 MWSTG).
Bei Anwendung der 3-Topf-Methode gemäss Ziff. 4.5.1 der MI 09 ist der Abzug der dem Topf C zugewiesenen Vorsteuern, d.h. der Vorsteuern, die sowohl zur Erzielung von Leistungen im Topf A (voller Vorsteuerabzug) als auch von Leistungen im Topf B (kein Vorsteuerabzug) anfallen, gestützt auf Art. 30 MWSTG zu korrigieren, weil eine gemischte Verwendung vorliegt.
Gemäss Art. 68 MWSTV kann das Reisebüro zur Berechnung der Vorsteuerabzugskorrektur bei den Vorsteuern des Topfes C eine oder mehrere Methoden anwenden, sofern dies zu einem sachgerechten Ergebnis führt. Als sachgerecht gilt jede Anwendung einer oder mehrerer Methoden, die den Grundsatz der Erhebungswirtschaftlichkeit berücksichtigt, betriebswirtschaftlich nachvollziehbar ist und die Vorsteuern nach Massgabe der Verwendung für eine bestimmte Tätigkeit zuteilt. Das Reisebüro Sun Travel AG kann für die Korrektur des Abzugs der Vorsteuern des Topfes C somit einen Umsatzschlüssel verwenden, solange mit diesem Schlüssel das Erfordernis der Sachgerechtigkeit im Sinne von Art. 68 MWSTV erfüllt wird.
 

 
Am Ende des Folgejahres ist schliesslich eine Änderung der Nutzungsquote zu prüfen: Fallen die Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges nachträglich weg (Eigenverbrauch; Art. 31 MWSTG), so ist der Vorsteuerabzug in demjenigen Zeitpunkt zu korrigieren, in welchem die Nutzungsänderung eingetreten ist (zum Ganzen: vgl. Ziff. 2, Teil B der MI 10). Treten lediglich teilweise Nutzungsänderungen ein, ist der Vorsteuerabzug je nach gewählter Methode ebenfalls zu korrigieren (vgl. Ziff. 2.3, Teil B der MI 10).
Treten die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nachträglich (teilweise) ein (Einlageentsteuerung; Art. 32 MWSTG), kann der Vorsteuerabzug nachträglich geltend gemacht werden (zum Ganzen: vgl. Ziff. 2, Teil B der MI 10).
Bezieht das Reisebüro der Bezugsteuer unterliegende Leistungen aus dem Ausland, ist die Bezugsteuer zusätzlich zu deklarieren und abzurechnen (vgl. Art. 45 MWSTG, Art. 91 MWSTV und Ziff. 9 der MBI 12). Diese kann, je nachdem, in welchem Bereich sie anfällt, ganz, nicht oder im Rahmen der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Quote wiederum abgezogen werden.

Variante IV: Sun Travel AG ist im MWST eingetragen, Abrechnung nach effektiver Methode, freiwillige Versteuerung
Die Leistungen gegenüber der Familie Crameri werden soweit möglich freiwillig versteuert. Vorliegend ist die freiwillige Versteuerung nur für die Beherbergungsleistung im Inland möglich. Die anderen Leistungen gelten nach Schweizer Recht als im Ausland erbracht oder sind von der Steuer befreit und können nicht freiwillig versteuert werden.
Aufgrund der freiwilligen Versteuerung der Beherbergungsleistung (Hotelübernachtung in Kloten) ist das Reisebüro Sun Travel AG unter den üblichen Voraussetzungen nach Art. 28 MWSTG vorsteuerabzugsberechtigt. Die Sun Travel AG kann daher die auf der Hotelübernachtung in Zürich in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer geltend machen.
Darüber hinaus ist dieses Reisebüro berechtigt, sofern es voll vorsteuerabzugsberechtigt ist, die Vorsteuern z.B. auf der Betriebsinfrastruktur ohne Korrektur nach Art. 30 MWSTG geltend zu machen. Insofern können wir Ihren Folgerungen in der Frage 1 grundsätzlich zustimmen.
Bietet das Reisebüro Sun Travel AG jedoch beispielsweise steuerausgenommene Versicherungsleistungen an, welche von der Möglichkeit der freiwilligen Versteuerung explizit ausgenommen sind, ist aufgrund von Art. 30 MWSTG eine Vorsteuerkorrektur notwendig.
Bezieht das Reisebüro der Bezugsteuer unterliegende Leistungen aus dem Ausland, ist die Bezugsteuer zusätzlich zu deklarieren und abzurechnen (vgl. Art. 45 MWSTG, Art. 91 MWSTV und Ziff. 9 der MBI 12). Diese kann, je nachdem, in welchem Bereich sie anfällt, ganz, nicht oder im Rahmen der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Quote wiederum abgezogen werden.

70%/30% - Regel (Ihre Frage 4)
Die Bestimmung nach Art. 19 Abs. 2 MWSTG ist weiterhin in Kraft. Diese besagt, dass mehrere voneinander unabhängige Leistungen, die zu einer Sachgesamtheit vereinigt sind oder als Leistungskombination angeboten werden, einheitlich nach der überwiegenden Leistung behandelt werden können, wenn sie zu einem Gesamtentgelt erbracht werden und die überwiegende Leistung wertmässig mindestens 70 Prozent des Gesamtentgelts ausmacht (Kombination). Weitere Angaben entnehmen Sie bitte der Ziff. 4 der MI 04.
Wir weisen jedoch darauf hin, dass das Reisebüro, damit ein Gesamtentgelt vorliegt und die 70/30 %-Regel anwendbar ist, dem Kunden auf Preisschildern, in Offerten, Verträgen oder sonstigen Dokumenten das Entgelt der einzelnen Leistungen nicht bekannt geben darf. Die allgemeine Bekanntgabe des Preises einzelner Leistungen (z.B. im Internet oder durch Anschrift im Laden) ist dann unschädlich, wenn die Leistungskombination als unveränderliches Gesamtpaket zu einem Gesamtpreis (d.h. ohne Angabe der Einzelpreise in der Offerte, im Vertrag usw.) angeboten wird und der Kunde weder einzelne Leistungen aus dem Gesamtpaket auswählen noch die Zusammensetzung der einzelnen Leistungen der Leistungskombination verändern kann (vgl. Ziff. 4.2.1 der MI 04).

 

Stellungnahme zur Leserreaktion von Herrn Bruttin

Aussage Yves Bruttin: «Ein Reisebüro im Sinne der ESTV ist also in der Terminologie der Branche ein Veranstalter. Für Reisebüros als Wiederverkäufer gelten andere Regeln.»
Die Steuerausnahme des Art. 21 Abs. 2 Ziff. 31 MWSTG greift bei Unternehmen, die Reiseleistungen einkaufen und in eigenem Namen verkaufen (vgl. Ziff. 1.3 der MBI 20). Sie greift nicht bei «Wiederverkäufern», die als Vermittler in direkter Stellvertretung nach Art. 20 Abs. 2 MWSTG für Dritte in deren Namen Verkäufe abwickeln (vgl. Ziff. 8.6 der MBI 12 und Ziff. 5.2 der MI 04). Voraussetzung für das Handeln als direkter Stellvertreter ist u.a., dass das Reisebüro ausdrücklich bekannt gibt, dass es in fremdem Namen handelt und keine eigenen Leistungen (z.B. Garantieleistungen) erbringt und kein Risiko (z. B. Delkredere- oder sonstiges wirtschaftliches Risiko) trägt. Wie Sie anlässlich des Telefongesprächs vom 7. April 2025 ausgeführt haben, wäre dies allerdings nicht mit dem Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (SR 0.748.411) vereinbar.

Aussage Yves Bruttin: «Übrigens, austragen aus dem Register kann man sich bis Ende Jahr, es eilt also nicht. Aber aufgepasst: Erstellt man in diesem Jahr Rechnungen und weist die MWST aus, ist diese geschuldet. Auch wenn man sich später rückwirkend austragen lassen will.»
Wie unter dem Abschnitt «Löschung aus dem MWST-Register» wurde Ende Februar entschieden, die Löschungsfrist bis Ende Mai 2025 für die rückwirkende Löschung per 31. Dezember 2024 zu verlängern.
Der erwähnte Grundsatz «ausgewiesene Steuer=geschuldete Steuer» ist korrekt, es sei denn (Art. 27 Abs. 2 MWSTG):

a) es erfolgt eine Korrektur der Rechnung nach Art. 27 Abs. 4 MWSTG oder
b) er oder sie macht glaubhaft, dass dem Bund kein Steuerausfall entstanden ist; kein Steuerausfall entsteht namentlich, wenn der Rechnungsempfänger oder die Rechnungsempfängerin keinen Vorsteuerabzug vorgenommen hat oder die geltend gemachte Vorsteuer dem Bund zurückerstattet worden ist.
Aus Gründen der Rechtssicherheit empfehlen wir eine Korrektur der Rechnungen durch ein schriftliches, empfangsbedürftiges, dem bisherigen Empfänger zugestelltes Dokument, das auf die ursprüngliche Rechnung verweist und diese widerruft (vgl. Ziff. 2.6 der MI 16).
«Es empfiehlt sich, ab sofort keine Rechnungen mit MWST zu erstellen. Es gibt keine Vorschrift, welche vom Rechnungsersteller verlangt, die MWST aufzuführen. Die MWST auf der Rechnung benötigt der Kunde, sofern er MWST-pflichtig ist und die Vorsteuer geltend machen will.»
Vgl. oben Abschnitt «Anspruch auf eine MWST-konforme Rechnung».


Bei inhaltlichen Fragen bitten wir um eine direkte Kontaktaufnahme mit der ESTV.

Alle Angaben ohne Gewähr.

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